Sparkassen fordern Erhalt ihres Spielraums
Fahrenschon: Retail-Banken haben wichtige Funktion als Verbindungsstück zwischen Finanzmärkten und den Menschen.
Eine Regulatorik, die an der Komplexität internationaler Banken ausgerichtet ist, belastet kleine Institute unverhältnismäßig. Der Zuschnitt der regulatorischen Vorgaben führt dazu, dass Retail-Institute Kraft aus dem Kundengeschäft abziehen und verstärkt in Bürokratie investieren müssen. Und weil Sparkassen unnötige bürokratische Anforderungen erfüllen müssen, können sie sich immer weniger um ihre Kunden kümmern.
Darauf verwies Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, beim parlamentarischen Abend im Concert Noble in Brüssel. In einem Umfeld gleichzeitig verhaltener Investitionen und negativer Zinsen versuchten die Sparkassen, ihre Ertragslage zu verbessern, durch die Stellschrauben, die geblieben sind: mehr Fusionen, weniger Filialen, Ausschöpfen von Preisspielräumen. Im Endeffekt ein enttäuschendes Resümee für Normal- und Geringverdiener: Sie bekommen gefühlt weniger Leistung zu höheren Kosten.
Dabei bräuchten Europas Kreditinstitute ausreichend Bewegungsspielraum, um Investitionen finanzieren zu können: für bessere Infrastruktur, für Wachstum, für mehr Arbeitsplätze – vor allem im gewerblichen Mittelstand, betonte Fahrenschon.
Er kritisierte in seiner Rede insbesondere die stark steigenden Eigenkapitalanforderungen, die den Spielraum der europäischen Kreditwirtschaft dramatisch einengen würden. Bei Basel IV sei kein Kompromiss, als ein Kompromiss zulasten von Investition und Innovation in Europa. Die europäische Kreditwirtschaft, die deutsche Aufsicht und auch die Europäische Kommission sollten sich trauen, ihre gemeinsame Position klar zu benennen und zu halten, forderte der DSGV-Präsident.
Zudem müsse man bei der Finanzmarktregulierung weg von Vorschriften, die für kleinere Institute nicht passen, hin zu einem schlanken regulatorischen Rahmen für Institute mit überschaubarer Komplexität. Konkret schlägt die Sparkassen-Finanzgruppe vor, in der Regulierung zweigleisig zu organisieren: Sinnvoll sei zum einen eine Regulatorik für die großen systemrelevanten Institute mit den komplexen Geschäftsmodellen, und zum anderen eine „Small and Simple Banking Box“ mit deutlich geringeren regulatorischen Anforderungen für alle anderen Banken.
Fahrenschon machte in seiner Rede deutlich, dass Retail-Institute das Verbindungsstück zwischen den Finanzmärkten und den normalen Menschen seien. Wenn sie ihre Aufgaben nicht mehr störungsfrei erfüllen könnten, komme dies automatisch im Portemonnaie von Millionen Menschen an. Finanzmärkte brauchen eine effektive, keine überbordende Regulierung.
„Chance auf Wohlstand für alle erhalten“
Der Sparkassensektor wolle mithelfen, dass sich die Menschen auf die Chance auf wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Teilhabe für alle verlassen können. Es sei Wunsch und Aufgabe, mit Ihnen gemeinsam für wirtschaftliche und finanzielle Stabilität zu arbeiten. „Vor allem wollen wir unseren Kunden die Sicherheit vermitteln, die wir zur Akzeptanz Europas, des politischen Systems und letztlich der Demokratie insgesamt brauchen“, hob Fahrenschon in seiner Rede vor EU-Parlamentariern hervor. (DSZ)